Stress-Muskel Psoas


Stress verursacht Schmerzen

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Der Psoas-Muskel, auch Beinheber oder Hüftbeuger genannt, kann eine Menge Ärger machen. Er liegt tief im Zentrum unseres unteren Rückens und verbindet Rumpf und Beine. Wird Stress zu einem Dauerzustand, verspannt und verkürzt dieser Muskel. Langfristig hat das möglicherweise Folgen für unsere Aufrichtung, Organe und Atmung. 

 

Der Psoas-Muskel verläuft beidseits der oberen Lendenwirbelsäule zu einem Knochenansatz an den Innenseiten der Oberschenkelknochen. Er hat eine tragende Rolle beim Treppensteigen, Radfahren, Tanzen und Gehen. Neben anderen Muskeln unterstützt und stabilisiert der Hüftbeuger das Becken und ist an der Beweglichkeit der Körpermitte beteiligt. Getrennt durch Faszien befindet er sich in unmittelbarem Kontakt mit Organen: Nieren und Darm sind direkte Nachbarn. Wesentlich ist auch seine Verbindung zum Zwerchfell, unserem größtem Atemmuskel, denn Psoas und Zwerchfell setzen gemeinsam an der mittleren Wirbelsäule an.

Der Psoas - Muskel reagiert auf Anspannung

Wenn wir eine Situation als gefährlich erleben, antwortet unser Körper instinktiv: Kampf oder Flucht, wenn das nicht möglich ist, Erstarren oder Einrollen. Egal ob grade der bissige Nachbarhund vor uns steht oder uns eine ständige Angst vor dem Versagen quält. Nicht nur Kampf oder Flucht, auch der Impuls sich zusammenzukrümmen ist ein uralter Schutzmechanismus; unser Körper möchte sich ducken um der Gefahr zu entgehen oder erstarren um harmlos zu wirken. Für diese Bewegung braucht es den Hüftbeuger. Der Spannungszustand dieses Muskels ist eng mit unserem Sicherheitsgefühl verknüpft. Ist der Psoas durch Dauerstress ständig unter Spannung, gerät über verschiedene muskuläre und fasziale Zugkräfte der Körper aus dem Lot.

Anzeichen eines gestressten Psoas

  • Nach vorn gebeugter Oberkörper oder Hohlkreuz
  • Rückenschmerzen, die beim Aufrichten vom Bücken oder Aufstehen vom Sitzen schlimmer werden
  • Ischias-Schmerzen, wenn Gesäß- und Hüftmuskeln sich zur Stabilisierung des Beckens anspannen und den Ischias-Nerv einengen
  • Knieschmerzen ohne lokalen Befund, wenn der der Psoas den Knie-Nerv einengt
  • Schmerzen im oberen Rücken und den Schultern, wenn ein Zug auf den mittleren Rücken entsteht
  • Nackenverspannungen und Probleme mit der Halswirbelsäule, wenn das Zwerchfell reaktiv verspannt oder die Körperstatik nicht mehr im Gleichgewicht ist

Natürlich treten nicht alle Symptome gleichzeitig auf. Möglich auch, dass Ihr Körper ein für sich stimmiges Gleichgewicht gefunden hat und Sie trotz eines verkürzten Psoas keine Schmerzen haben.

So testen Sie Ihren Hüftbeuger

 Legen Sie sich auf den Rücken. Umfassen Sie ein Knie mit den Händen und ziehen sie es zum Rumpf. Das andere Bein bleibt entspannt auf der Matte oder dem Boden liegen. Bewegt sich das Knie Ihres gestreckten Beines nach oben, oder spannt sich Ihre Lendenwirbelsäule in ein Hohlkreuz, ist das ein Hinweis auf eine Psoas-Verkürzung. Das kann auf der rechten und linken Seite jeweils unterschiedlich sein.

Aktivieren und Dehnen

Der oben beschriebene Selbsttest kann auch als Dehnungsübung dienen. Vermuten Sie, dass Ihr Psoas verkürzt ist, nehmen Sie die beschriebene Haltung für eine Minute pro Seite ein. Atmen Sie in die Dehnung hinein und spüren Sie, wie die Strukturen allmählich nachgeben.

So aktivieren Sie Ihren Psoas

Machen Sie einen weiten Ausfallschritt. Stellen Sie die Hände neben dem vorderen Fuß. Das Knie sollte nicht über die Zehenspitzen hinweg gebeugt sein. Der Oberkörper liegt auf dem Oberschenkel des vorderen Beines. Sie spüren jetzt vielleicht einen Zug im Leistenbereich und vorderen Oberschenkel des hinteren Beines. Genießen Sie die Dehnung bis zu einer Minute lang und atmen Sie hinein: im besten Fall spüren Sie, wie die Muskeln allmählich nachgeben. Um die Faszien-Neubildung anzuregen, machen Sie rhythmische Wipp-Bewegungen mit dem Becken Richtung Boden, etwa 10 bis 15 Sekunden lang, dann die Seite wechseln.

 

Gut zu wissen: Aktivieren ist wichtig

 

Ein chronisch angespannter Muskel verharrt in der Kontraktion. Dadurch verkleben und verfilzen die Faszien, die jeden Muskeln durchdringen und umhüllen. Der Muskel selbst ist nicht in dem Sinne verkürzt, aber durch die einengenden Faszien verhält er sich so. Bewegung aktiviert den Muskel und die Neubildung von Kollagenfasern, die für die Elastizität des Gewebes sorgen. Genauer gesagt: durch katapultartige Bewegungsimpulse werden Zellen, die für die Regeneration der Faszien zuständig sind (Fibroblasten), angeregt, altes Kollagen abzubauen und neues zu bilden. Das Faszien-Gewebe gewinnt an Geschmeidigkeit und der Muskel kann seine Aufgaben wieder erfüllen.

Neben Stress wirken noch andere Faktoren

Zum einen sind da die ungünstigen Körperhaltungen. Beispielsweise verspannt oder verkürzt sich der Psoas durch dauerhaftes Sitzen, vor allem, wenn es keinen Bewegungsausgleich gibt. Auch Schuhe mit hohen Absätzen zwingen den Körper in eine unnatürliche Haltung. Der Psoas gerät unter Zugzwang und die natürliche Krümmung der Lendenwirbelsäule nach vorn wird verstärkt. Mit weitreichenden Folgen für die ganze Körperhaltung.

Außerdem ist der Hüftbeuger Teil der Muskel- und Faszien-Ketten, die den ganzen Körper durchziehen. Zum Beispiel wirken sich ein festgehaltenes Zwerchfell oder Probleme mit dem Knie auch auf den Psoas aus.

 

Um den Ursachen von Schmerzen auf den Grund zu gehen, wenden Sie sich gegebenenfalls an einen Arzt, Osteopathen oder Körpertherapeuten.

 

 

Quellenangabe:

M. Rossmann & B. Neumann, ‚Fit mit jedem Schritt – Richtig gehen‘ Südwest Verlag, 1. Auflage 2017

R. Liebscher-Bracht & Dr. med. P. Bracht, ‚Deutschland hat Rücken‘, Mosaik Verlag, 5. Auflage 2018

T. Myers, ‚Anatomy trains – myofasziale Leitbahnen‘ Urban und Fischer, 2. Auflage 2010

 

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